Ostseetour – Sonne, Strand und Fischbrötchen
Sonne, Strand und Fischbrötchen
Da bin ich wieder. Fertig studiert, weit gereist und so klug als wie zuvor…oder so ähnlich. Und was macht man nach langen Monaten am Schreibtisch und der Bibliothek, nachdem man endlich die ersehnte Freiheit wieder erlangt? Richtig, man macht sich auf Richtung Sonne, Strand und Faulenzerei. Logisch. Oder aber man nutzt wie ich die Gelegenheit eine Radtour durch die deutsche Küstenregion zu machen. Im Hochsommer. Zur Mückensaison. Mit ca. 30 Kilogramm Gepäck und Zelt. Klingt erstmal nicht sehr reizvoll, ich weiß, aber abwarten. Zunächst fuhr ich inklusive Freund und Familie auf die Insel Poel. Das kleine Stück Land in der Ostsee vor Wismar lässt sich locker mit dem Fahrrad erkunden, gut geeignet um eine Tour entspannt zu starten. Die Strände verlaufen typischerweise so flach ins Wasser, dass man sich schon hinsetzen muss, um Erfrischung im kühlen Nass zu finden. Läuft man auf den Händen in Schlammspringermanier durch das Wasser, muss man sich seinen Weg durch Quallenmassen bahnen, die jedoch ungefährlich sind und nicht weiter stören. Wir finden sogar noch ruhige abgeschiedene Plätzchen, so dass man entspannungstechnisch voll auf seine Kosten kommt. Nicht verpassen darf man ein Fischbrötchen vom Fischkutter „Kumm wedder“. Bismarck, Matjes, Räucherlachs, Buttermakrele – alles da, alles lecker!
In Wismar lässt es sich ebenfalls gut schmausen. Die alte Hansestadt ist ungefähr 16 Kilometer von Poel entfernt. Weit genug um sich auf dem Fahrrad einen Handrückensonnenbrand zuzulegen. Sehr unangenehm. Wismar bietet die übliche Ostseeidylle, einen alten Hafen, Backsteinkirchen und einen schönen Marktplatz. Zu bewundern im Fernsehkrimi SOKO Wismar habe ich mir sagen lassen. Weitere Abstecher gehen nach Kühlungsborn, wo man sich am Strandzugang zunächst eine halbe Stunde sämtliche Verbote und Richtlinien zu Gemüte führen darf, nach Bad Doberan, wo es den Doberaner Dom zu bewundern gibt und Warnemünde, meinem persönlichen Albtraum. Eine überfüllte Strandpromenade mit unzähligen überteuerten und meist von Red Bull gesponsorten Ständen, laute Clubmusik den ganzen Tag über und keine einzige schattige Abhänggelegenheit. Am Strom finden sich dann doch noch einige schöne Fischkutter und interessante Straßenhändler. Es ist zu dieser Jahreszeit aber einfach hoffnungslos überfüllt. Hier verabschieden Peter und ich uns von meiner Familie und fahren gen Nordosten Richtung Darß. 20 Minuten nach Warnemünde ist die Landschaft schon nicht mehr wiederzuerkennen. Der Radweg verläuft durch den Wald bis man schließlich auf dem Ostseeküstenradweg ans Meer gelangt. Die Nacht verbringen wir am Strand bei den Rehbergen. Im Licht der untergehenden Sonne wirkt der Wald besonders stimmungsvoll und die hochgewachsenen Kiefern lassen die Landschaft wie eine afrikanische Savanne aussehen.
Wir folgen dem Radweg durch den wunderbar schattigen und duftenden Wald, fahren über das Peters Kreuz bis ans nördliche Ende des Darß. In Prerow können wir unseren Fischbrötchenbedarf decken, bevor es wieder Richtung Süden nach Barth geht, wo wir am Hafen, nun ja, unseren Fischbrötchenbedarf erneut decken. Ein klein wenig Dekadenz darf auch mal sein. Der weitere Weg nach Stralsund ist leider eher eine Tortur. Die Temperaturen steigen auf über 35°C, der Radweg leitet uns umständlich über schattenlose Felder und bei Neu Barthelshagen müssen wir schließlich eine Not-Badepause einlegen. Nach der Abkühlung fährt es sich in der deutlich angenehmeren Spätnachmittagssonne fast wie von alleine bis kurz vor Stralsund, wo wir nahe einer Militärkaserne auf einer Waldlichtung unser Zelt aufschlagen. In Stralsund schauen wir uns die Altstadt, den Hafen und die St. Marienkirche an. Letztere entspricht trotz laufender Bauarbeiten meiner Vorstellung der Kathedrale aus Ken Follets „Säulen der Erde“.
Nächster Halt: Sassnitz auf Rügen. Von dort auf abenteuerlichen Waldwegen nach Prora, wo wir auf dem Zeltplatz der Jugendherberge Prora übernachten und den Rest des Tages am Strand verbringen. Am Abend zieht ein übler Sturm auf und die riesige Anlage wirkt noch viel bedrohlicher und unheimlicher mit dunklen Wolken, Donner und sekundenlangen Blitzen im Hintergrund. Während unseres Aufenthalts auf diesem geschichtsträchtigen Gelände kann ich ein ungutes Gefühl nie ganz ablegen. Die Erschließung der Gebäude als Ferien- und Eigentumswohnungen finde ich geradezu geschmacklos. Am nächsten Tag geht es ohne Räder zum Königsstuhl auf eine kurze Wanderung durch den Jasmund Nationalpark zurück nach Sassnitz. Wir laufen durch einen knarzenden Buchenwald, vorbei an spektakulären Kreidefelsklippen. Wenn man sich weit genug vom Besucherzentrum Königsstuhl entfernt, findet man sich fast allein in dem uralten Wald wieder. An mehreren Stellen kann man von der steilen Küste hinunter ans Meer steigen. Dort wird man von Dutzenden Schwänen begrüßt, die im Wasser dümpeln und immer wieder die Schwänzchen in die Höh strecken. Der Strand ist ein Paradies für leidenschaftliche Hühnergottsammler. In Sassnitz gehen wir dann in der ostpreußischen Hafenräucherei essen, was zwar lecker ist, mir im Nachhinein jedoch ordentliche Bauchschmerzen verpasst.
Wieder aufgesattelt geht es über Binz und das Jagdschloss Granitz nach Sellin. In dem alten Badeort legen wir eine kurze Siesta ein und schauen uns die Seebrücke an, die scheinbar kilometerweit in Meer reicht. Hier machen wir auch erste Bekanntschaft mit dem Rasenden Roland, der einem wortwörtlich die Tränen in die Augen treibt. In Göhren wollen wir eigentlich auf dem Regenbogen Campingplatz übernachten. Wir überlegen es uns aber anders, da der Platz teuer und mit seinem Kino, Pool und Waschhaus-Chipkartensystem sehr unsympathisch ist. Nach längerer Irrfahrt durch die Baaber Heide finden wir schließlich den Naturcampingplatz Alt-Reddevitz, der schon eher nach unserem Geschmack ist. Nach einer ruhigen regnerischen Nacht machen wir von den RADzfatz-Bussen des RPNV Gebrauch und fahren über Stralsund mit der guten alten Bahn nach Leipzig zurück. Sonnenbrand und Mückenstiche empfehlen die Radreise an der Ostseeküste nicht gerade im Hochsommer. Trotzdem war die Tour genau richtig, um nach einer stressreichen Zeit runterzukommen, abzuschalten und ordentlich Sonne zu tanken.
Dein Bericht inspiriert wirklich, deine Unternehmung „nachzumachen“ ^^ Ich fühle mich gerade immer mehr so, als ob mir die Decke auf den Kopf fällt, und würde am liebsten ständig an einem anderen Ort sein. Da kommt so eine schöne Inspiration innerhalb Deutschlands gerade recht, danke dir! Ich werde nächsten Sommer wieder an deinen Blogartikel zurückdenken :)
Ja, die Decke auf dem Kopf kenne ich nur zu gut^^ Deutschland hat für kleinere Ausflüge eigentlich eine Menge zu bieten, vergisst man gern mal. Also auf an die Ostsee, in den Harz, das Allgäu oder was halt gerade um die Ecke ist :)
Achja, Fahrradurlaub <3
Wird ja leider von vielen unterschätzt! Es gibt nichts besseres, um sich vom Uni Stress zu erholen!
Nur Sonnencreme mit LSF 50 & Flickzeug darf man nicht vergessen ;-)
xx
Sophie
Und Mückenspray :) Es braucht eigentlich nicht viel um durch die Welt zu fahren ^^
Man sind das tolle Bilder. Da bekomme ich gleich wieder Sehnsucht nach dem Sommer, der nun endültig vorbei zu sein scheint. Die Ostsee liebe ich sehr. Zum Glück ist es ja von Hamburg aus nur ein Katzensprung.
Ein weiterer toller Reisebericht. Wir hoffen, dass noch viele folgen werden.
Toller Reisebericht :)
Ich war im Mai für ein langes Wochenende auf Rügen und habe auch immer wieder Orte gesucht, wo ich nicht zu viele Touristen finde.. ich wurde mit meterlangen menschenleeren Stränden besucht. Es war ein wunderschöner Kurztrip, wenn auch deutlich kühler als bei dir.
Danke für die schönen Bilder, dadurch habe ich majestätischen Kreidefelsen und die Ostsee auch mal im Sommer gesehen :)
Liebe Grüße
Marleen
[…] ich mich von meiner kleinen Radreise entlang der Ostseeküste erholt hatte, kribbelte es schon nach wenigen Wochen wieder in den Zehenspitzen. Polen-Partnerin […]