Free Bleeding – die freie Menstruation
Schon mal von Free Bleeding gehört? Bestimmt habt ihr direkt eine Assoziation. Ich hatte sie! Es muss etwa zwei Jahre her sein, da saß ich mit meiner besten guten Freundin an einem Lagerfeuer und sie sagte diese beiden beschreibenden Worte. Zwei Worte für etwas, wofür ich vorher keine konkrete Bezeichnung kannte und dennoch sofort wusste, was sie meinte. Free Bleeding – die freie Menstruation! Die Periode ohne Hygieneartikel, welche das Blut im Körper halten und stauen.
Ehrlich gesagt bin ich aus reiner Faulheit zum Free Bleeding gekommen – da wusste ich auch noch nicht wie diese Praxis heißt. Was ich aber wusste war, dass es sich gut anfühlt keinen Cup zu tragen oder nach jedem Toilettengang einen feuchten Bindfaden zwischen den Beinen zu haben. War auch ganz easy. Immerhin war ich zu dieser Zeit fast ausschließlich im Homeoffice. Zu Messy Bun und Jogge am Schreibtisch gesellte sich also irgendwann die Entscheidung auch die Periode etwas weniger förmlich zu behandeln. Jetzt, ein paar Jahre später, weiß ich, dass sich das auch im Büroalltag ganz gut handhaben lässt. Von richtiger Kontrolle kann ich offen gesagt dennoch (noch) nicht sprechen. Es hilft auf seinen Körper zu hören. Bei langen Messetagen oder Outdoor-Aktivitäten habe ich dennoch lieber einen Cup dabei.
Es folgt ein kleiner Erfahrungsbericht meiner besten guten Freundin. Außer der Einleitung und etwas Obst mit Glitzer kann ich nichts hinzufügen.
Free Bleeding im Alltag
„Mir ist schon länger sehr begreiflich, weshalb jemand seinen Slip freiwillig „vollbluten“ sollte – getan habe ich das schon immer – aber heimlich, verschwiegen, zu Hause und mit dem selbstattestierten Prädikat: Schweinigel. Als ich das erste Mal einen Artikel über Free Bleeding las (Missy Magazine), ereilte mich die Erkenntnis mit einem kleinen, geheimen Tusch: Juhu! Ich bin ganz normal.
Nachdem ich mein halbes Frauenleben unter meiner Periode gelitten habe; unter heftigen Schmerzen durch das Aufstauen mit Tampons, Ekel vor der eigenen Körperfunktion, olfaktorischer Belästigung durch Hygieneartikel und und und hatte ich nach Kind Nummer 2 begonnen, meinen Körper genauer zu beobachten. Ich wusste was ein Beckenboden ist und das ich keinesfalls hilflos vor mich hinblute. Jedem neuen Ausfließen von Blut geht eine immer gleiche Abfolge von Symptomen voraus: ansteigender Druck im kleinen Becken und irgendwann das Gefühl, dass da gleich etwas nach außen strömen möchte. An diesem Punkt ist nun etwas Eile durchaus angeraten. Durch Anspannen des Beckenbodens kann ich das Ausfließen allerdings noch etwas verzögen.
An den Tagen mit den leichteren Blutungen ist es mir dann egal, ob wirklich eine Toilette in der Nähe ist; dunkel Slips und Klamotten helfen mir da weiter, sollte es doch einmal in die Hose gehen. Nicht gänzlich ohne Belang ist an dieser Stelle das Material der Unterwäsche. Reine Baumwolle tut hier doppelt guten Dienst, denn zum Ersten hat sie eine gewisse Saugfähigkeit was geringe Mengen Flüssigkeit betrifft und zum Zweiten trocknet sie schnell und folgenlos. Ich denke nicht, dass ich jemals im weißen Kostüm und erhobenen Hauptes jeden an meiner Zyklusphase werde teilhaben lassen aber wahrscheinlich ist das ok.
Etwas anders stellt sich die Situation an den Tagen dar, an denen der Name Blutung der Sache nicht mehr gerecht wird. Ich überlege immer noch nach einem geeigneten Kosenamen für dieses Ereignis. Niagarafällchen möglicherweise oder etwas mengenmäßig adäquates. Auch hier erfolgt kein Kontrollverlust aber der zeitliche Abstand zwischen den Intervallen ist derart kurz und die Menge, nunja, nicht mehr so freundlich zu handhaben. Zu Hause ist das alles kein Problem. Doch sollte mich an diesen Tagen irgendwas nach Draußen ziehen, dann kleb ich mir klammheimlich einen kompostierbaren Ökobinde in die Schlüpper und freue mich, dass ich davon bei weitem weniger brauche als noch vor Zeiten. Antesten werde ich demnächst auch waschbare Baumwolleinlagen – die gibt´s mittlerweile auch in hübsch.
Die Befreiung von Schmerzen, Scham und Geruchsbelästigung ist ein kleiner Meilenstein meines Frauendaseins. Mein Verhältnis zu dieser sensiblen Phase hat sich durch das bewusste Free Bleeding kräftig gewandelt. Ohne das ich genau sagen kann weshalb, ist mir diese Phase nicht mehr unangenehm, nicht mehr peinlich, nicht versteckenswert. Es fühlt sich normal an, weil es in den Fokus gerückt und neu bewertet wurde. Und das ist es auch was das Wirklich Neue an der ganz alten Sache ist – die andere Bewertung und Enttabuisierung. Mädels – so ist es eben: schön rot, frei von Last und absolut weiblich.“
Word! Schon mal Free Bleeding probiert?
Eigentlich ist es das, was die Frauen machten, bevor Tampons erfunden wurden.
Meine Omi besaß einknöpfbare Baumwollbinden, die man waschen konnte. Und auch noch zu DDR-Zeiten gab es erst spät Tampons und Klebebinden…
Ich trage meist meine Menstruationstasse und an leichten Tagen eine Slipeinlage. Ich mag das nicht so, meine Slips vollzubluten, aber das ist natürlich absolut Geschmackssache.